Otto Dix, Arbeiterjunge im Atelier, Öl auf Papier, 1914
98,5 x 77 cm, Inv.-Nr. 2098
Das Bildnis „Der Arbeiterjunge im Atelier“ hat bei näherer Betrachtung aufgrund der lockeren Pinselführung und der groben Farbgestaltung den Charakter einer schnellen Zeichnung. Im Atelier des jungen Otto Dix scheint es keine freie Fläche mehr zu geben. Mitten zwischen Künstlerutensilien, Stuhl und Bett, an den Wänden hängenden Bildern und Vorhangfragmenten wirkt der blasse Junge wie ein stiller und ängstlich anmutender Ruhepunkt. Seine zusammengefalteten Hände und der scheue Blick aus großen blauen Augen erwecken das Gefühl von Scham und Unwohlsein am Arbeitsplatz eines Mannes wie Dix, der stets auf der Suche nach der ungeschönten Wahrheit war. Die ungleich auf dem hellen Hemd angedeuteten dunklen Striche einer Faltung lassen den Jungen förmlich erzittern.
Das Bild entstand kurz vor der Einberufung des Künstlers zum Kriegsdienst – eine Zeit, die ihn zeitlebens prägte und motivisch inspirierte. Nach den grauenvollen Eindrücken auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges wandte sich der schockierte und zugleich von den menschlichen Abgründen beeindruckte Dix den Randgruppen der Gesellschaft zu. In Gegenüberstellung zu den Zeichnungen und Gemälden, die Dix nach dem Ersten Weltkrieg anfertigte, erscheint das Bildnis des Arbeiterjungen wie ein Dokument der Unschuld, die auch Dix zum Zeitpunkt der Entstehung noch innehatte.
Otto Dix (1891–1969)
Arbeiterjunge im Atelier
Öl auf Papier, 1914
98,5 x 77 cm
Inv.-Nr. 2098