Wilhelm Lachnit, Schwangeres Proletariermädchen, Öl auf Leinwand, 1924/26
60,4 x 50,3 cm, Inv.-Nr. 2290
Mit scharfen Konturen, die an die Linienführung in einem Renaissance-Gemälde erinnern, setzt sich das hell erleuchtete Profil des Mädchens von dem dunklen Hintergrund ab. Der Blick geht in die Leere, der halb geöffnete Mund weist auf ein Sprechen hin, ohne Sprechen zu können. Es gibt keinen Widerhall, keinen Resonanzraum für diesen Blick und diese Worte (Worte der Anklage? Worte der Schuld?). Die linke Hand hat das Mädchen behutsam auf ihrem leicht gewölbten Bauch abgelegt. Die wilde Farbigkeit und Formauflösung des Expressionismus ist bei Wilhelm Lachnit einer sachlich-nüchternen Darstellungsweise gewichen. Nur in der genauen, affektfreien Schilderung des Lebens sahen die Vertreterinnen und Vertreter der Neuen Sachlichkeit in Dresden die Möglichkeit, auf eine Veränderung der Gesellschaft hinzuwirken. Lachnit, der mit Otto Dix und Conrad Felixmüller befreundet war, engagierte sich politisch und trat 1925 in die KPD ein. Bei der Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 verliert er den Großteil seines bisherigen Werkes. Diesem Tiefpunkt in Lachnits Leben folgen Jahre des Aufbruchs: Er wird Lehrer an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden und prägt dort eine ganze Generation von jungen Künstlerinnen und Künstlern.
Wilhelm Lachnit (1899–1962)
Schwangeres Proletariermädchen
Öl auf Leinwand, 1924/26
60,4 x 50,3 cm
Inv.-Nr. 2290