Altenburger Terrassen – Ein Gastbeitrag von Robert Anton anlässlich der Ausstellung "Die Neue Remise – Gedankenspiele für einen Depotneubau der Altenburger Museen"
Einführung
Im heute (noch) leerstehenden Herzoglichen Marstall in Altenburg sollen im Rahmen einer Förderung der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaates Thüringen für das Lindenau-Museum Altenburg Flächen für Depots und Werkstätten, ein Schaudepot, Büros und Veranstaltungen entstehen. Ergänzend dazu hat das Lindenau-Museum gemeinsam mit dem Residenzschloss Altenburg einem Gedankenspiel Raum gegeben, in dem im Rahmen der Planungen der KAG Altenburger Museen Depots und Werkstätten für beide Häuser geplant werden – und zwar im Marstall und in einem möglichen Nebengebäude – der an alter Stelle in freier Form wieder errichteten „Neuen Remise“. Dazu gab es einen von den Landesämtern für Denkmalpflege und Archäologie in Ostdeutschland ausgelobten Ideenwettbewerb im Rahmen der Messeakademie 2022, dessen Ergebnisse jüngst im Lichthof des Lindenau-Museums Altenburg in der Kunstgasse 1 ausgestellt wurden. Im Folgenden stellt der Preisträger Robert Anton von der Bauhaus-Universität Weimar seinen Siegerentwurf genauer vor. Er geht mit den Autoren des künftigen Masterplans für den Schlossberg davon aus, dass die "Neue Remise" für Depots und Werkstätten errichtet wird und dass sich an der Stelle des heutigen Parkplatzes ein neu gedachter Küchengarten befindet. Zum Gedankenspiel gehört auch die Wiederrichtung eines Gebäudes an der Stelle der Ruine des ehemaligen Schönhauses auf halbem Wege zwischen Marstall und Lindenau-Museum.
Eine neue Adresse
Wenn wir den Altenburger Schlossgarten an der Erich-Mäder-Straße betreten, haben wir die Wahl zwischen drei Wegen, die uns zu ganz unterschiedlichen Orten führen. Da wäre einerseits eine gepflasterte Straße, die uns linkerhand hinauf zum Residenzschloss Altenburg leitet. Andererseits gibt es einen Kiesweg, über den wir zwischen dichtem Grün und einer Mauer hindurch zum Orangerie-Garten und dem Teehaus gelangen. Schließlich existiert rechterhand eine asphaltierte Zufahrt, die an den Toren des Marstalls vorbei und eine Böschung hinab zum Besucherparkplatz führt. Scheinbar erst dahinter, wo der kleine Wald beginnt, befinden wir uns dann im eigentlichen Schlosspark, dessen Wege bis zum Lindenau-Museum hinunterführen.
Wenn wir uns am Parkplatz noch einmal umsehen, fallen uns alte Mauern auf, die die Grenze zum eigentlichen Park markieren. Der Freiraum rund um den Parkplatz, den sie umgeben, ist nicht einfach zu benennen. Er hat die Wirkung eines Vorbereiches des dahinter liegenden Schlossparks. Tatsächlich ist er einer der ältesten Teile der Schlossgärten. Wir stehen im ehemaligen Küchengarten, der in der Renaissance angelegt und mit Mauern eingefasst wurde. Lange, bevor man oben an der Orangerie seltene Südfrüchte sammelte und auf einem Spaziergang das Schönhaus entdecken konnte, wurden hier bereits Lebensmittel angebaut.
Auf der Böschung, die wir heruntergekommen sind, stand ab etwa 1850 die alte Wagenremise des Marstalls, bis sie zu Anfang der 2000er-Jahre abgerissen wurde. Ihre hohe Stützmauer fing den Geländeunterschied ab und fasste den Küchengarten damit nach Süden hin ein. Von der Zufahrt zum Marstall erreichte man in erster Linie den Rangierhof der Remise. Erst durch die neue Pkw-Zufahrt, die wir heute als Parkzugang wahrnehmen, hat dieser Ort seine öffentliche Funktion erhalten. Da der Marstall zukünftig ein öffentliches Gebäude sein wird, dürfte die Bedeutung dieses Weges in den Park und damit auch des Küchengartens weiter zunehmen.
All diese Beobachtungen sind entscheidend für die Überlegung, mit dem Neubau eines Depot- und Werkstattgebäudes an der Stelle der ehemaligen Remise auch den Parkzugang am Marstall neu zu denken. Die Chance liegt darin, den Küchengarten auf der Südseite durch den Neubau wieder einzufassen und ihn in diesem Zuge als einen eigenständigen Teil der Schlossgärten neu zu gestalten.
An die Stelle der Zufahrt und des Parkplatzes tritt eine Terrassierung des Geländes, die sich in der Baulinie des Neubaus fortsetzt. Der Parkzugang erhält am Kopf des Neubaus einen Zielpunkt. Hier entsteht ein Ort des Ankommens und Orientierens, an dem sich Besuchenden ein einerseits räumlicher, aber auch zeitgeschichtlicher Überblick über die Freiräume des Parks bietet.
Beim Betreten des Schlossparks taucht das neue Werkstatt- und Depotgebäude langsam hinter dem Eckpfeiler des Marstalls auf. Es zeigt sich als ein Gebäude, das tatsächlich als eine „Neue Remise“ verstanden werden kann: Einerseits als ein dienendes, nichtöffentliches Nebengebäude des Marstalls, das in seiner äußeren Erscheinung mit diesem verwandt ist. Andererseits als ein zeitgemäßes Forschungsgebäude, das selbstbewusst seinen Platz in der Parklandschaft einnimmt und optimale Arbeitsbedingungen bietet.
Zum Logistikhof zeigt es sich als hölzernes, recht geschlossenes Nebengebäude mit einigen Toren und einem flach geneigten Satteldach. Größere Verglasungen am Gebäudekopf markieren den Eingang für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Gäste des Restaurierungsbetriebes.
Beim Erreichen der neuen Terrasse zwischen Orangerie und Neubau bietet sich ein Überblick über den Küchengarten, bevor beim Herabsteigen einer Treppenanlage das massive Sockelgeschoss der „Neuen Remise“ sichtbar wird. Hier liegen die Gemäldedepots verborgen. Tief eingeschnittene Lichtschächte zwischen großformatigen Betonwerksteinen verstärken den schützenden Eindruck der Konstruktion.
Im darüber liegenden Holzbau zeichnen sich hinter der verglasten Nordfassade die Restaurierungswerkstätten ab. Sie profitieren von optimalem Arbeitslicht und bieten einen freien Blick über den Küchengarten. Im Dachgeschoss befinden sich weitere Depots, die hinter einer wiederum geschlossenen Fassade verborgen sind.
Die plastische Gestaltung der Fassade bedient sich einiger Anleihen aus dem wuchtigen Stil des Marstalls, die in die leichtere, filigrane Sprache des Holzbaus übersetzt werden. Inmitten der orange-ockerfarbenen Putzfassaden der historischen Bauten des Parks setzt die neue Remise mit ihrer graubläulich lasierten Fassade einen bewussten Akzent.
Das Schönhaus – Ort der Inszenierung
Im bewaldeten Teil des Schlossparks liegt die Ruine des Schönhauses. Es war Teil der fürstlichen Bräuche, die den Park als Kulisse von Aufführungen, Festen und Spaziergängen einschlossen. Nach der Zerstörung durch einen Brand ist nur noch seine Terrasse erhalten. Wenn wir jedoch nicht nur das Schönhaus, sondern auch den Park ringsum als Teil dieser Kulisse verstehen, sind davon noch heute wichtige Teile erhalten: Die verschlungenen Wege, der Hussitengraben und der Wald, der das Schönhaus umgibt.
Bisher bestand die Idee, am Schönhaus einen kleinen musealen Neubau zu schaffen, an dem die Geschichte des Schlossgartens erzählt wird. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob die Erzählung dieses Ortes nicht durch eine im wörtlichen Sinne inszenierte Nutzung bereits in seinem jetzigen Zustand neu belebt werden könnte. Hierzu bräuchte es nur einige wenige Eingriffe, wie etwa die Einrichtung von Sitzstufen rund um die Terrasse. Dann könnten hier außergewöhnliche sommerliche Aufführungen und Schauspiele fernab der musealen Orte des Schlossgartens im Mittelpunkt stehen.
Kurzvita
Robert Anton (*1996) begann nach dem Abitur in seiner Geburtsstadt Jena 2015 das Studium der Architektur an der Bauhaus-Universität in Weimar. Nach Studien- und Berufsaufenthalten in Deutschland, Israel und Frankreich nahm er im letzten Jahr am Weimarer Lehrstuhl von Prof. Hans-Rudolf Meier am Wettbewerb der Messeakademie 2022 teil. Sein Beitrag für den Altenburger Schlosspark wurde auf der Denkmalmesse in Leipzig ausgezeichnet.
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