Ein einzigartiges Denkmal

Zur Entstehung des Museumsgebäudes im 19. Jahrhundert

Als Bernhard August von Lindenau 1854 starb, hinterließ er dem Staat Sachsen-Altenburg und dessen Bürgern eine großartige Sammlung. Seit 1848 waren griechische Vasen, Abgüsse nach den berühmtesten Werken der Antike und Renaissance, Kopien nach herausragenden Gemälden, eine exzellente Kunstbibliothek und originale frühe italienische Tafeln in Lindenaus eigenem, auf dem Altenburger Pohlhof befindlichen kleinen Museumsgebäude öffentlich präsentiert.

Der Leipziger Universitätsbaumeister Albert Geutebrück (1801–1868) hatte das Gebäude im klassizistischen Stil von 1846 bis 1848 errichtet. Untergebracht waren hier auch die Kabinette und der Unterrichtssaal der zum Museum gehörenden Kunstschule. In seinem Testament, das die Sammlungen dem Staat als „Lindenau-Zachsche Stiftung“ vermachte, legte Lindenau fest, dass die Sammlungsbestände für immer in Altenburg verbleiben sollen und dass zu ihrer würdigen Präsentation ein größerer Museumsneubau auf Staatskosten zu errichten sei. Den Platz für den Neubau hatte Lindenau bereits 1846 ins Auge gefasst. Er favorisierte den Eingang zum Schlosspark gegenüber dem damaligen Bahnhof.

Obwohl der Altenburger Landtag die Stiftung annahm und bereits 1856 den Beschluss zum Museumneubau fasste, vergingen noch 20 Jahre der Suche nach einem kostengünstigen Bauplatz. 1872 einigte man sich endlich auf den von Lindenau bevorzugten Bauplatz. Das Museumsgebäude wurde an der Nordseite des Schlossgartens, zu der heutigen Gabelentzstraße hin, errichtet. Das hoch über dem Straßenniveau liegende Gebäude erfuhr damit eine eindrucksvolle städtebauliche Inszenierung. Das Museum stand jedem Reisenden, der das Bahnhofsgebäude in Richtung Altstadt verließ, unmittelbar vor Augen und lud so zu einem Besuch ein. Noch heute empfängt der imposante Bau mit der Bahn aus Richtung Leipzig, Erfurt oder Zwickau Anreisende als erste Station eines gelungenen Altenburg-Rundgangs.

Mit den Entwürfen und der Realisierung beauftragt wurde der Altenburger Architekt Julius Robert Enger (1820–1890). Enger war, bevor er in den Altenburger Staatsdienst eintrat, Mitarbeiter von Gottfried Semper in Dresden.

Im Vergleich zu den vorangegangenen Plänen, war der Bau am Schlossgarten nun wesentlich großzügiger konzipiert. Von außen sichtbar, platzierte Enger eine Erschließungsachse mit einem kuppelbekrönten Mittelbau, der ein Vestibül, achteckige Zentralräume und ein großzügiges Treppenhaus beherbergt. Enger orientiert sich hiermit an Gestaltungsmitteln, die auch sein Lehrer Semper in seinen Plänen für die Dresdner Galerie einsetzte.

Auf einem hohen Souterrain, welches die Räume für Zeichenschule und die damals im Museum untergebrachte Altertumsforschende Gesellschaft enthalten sollte, ruht das erste Obergeschoss, das dreischiffige Säle für die Skulpturen und anschließende Kabinette in den äußeren Achsen besitzt. Das zweite Obergeschoss wird rechts und links des zentralen Oktogons von den beiden Oberlichtsälen für die großen Gemälde geprägt. Nördlich und südlich werden sie von den Räumen für kleinere Formate und die Kunstbibliothek begleitet. Östlich und westlich schlossen sich zur Entstehungszeit kleinere Sammlungsräume u.a. für die Naturforschende Gesellschaft an.

Von vorn wird der Museumsbau von einem dreiachsigen Mittelrisalit bestimmt. Das erste Hauptgeschoss ist mit einer sorgfältig ausgeführten Putzquaderung versehen. Beide Hauptgeschosse besitzen großflächige Rundbogenfenster, die im ersten Obergeschoss noch aus der Bauzeit vorhanden sind und ein wunderbares Zeugnis für Galeriebauten des 19. Jahrhunderts darstellen.

Der größte Teil der dekorativen Elemente konzentriert sich in den Risaliten. Im nördlichen Hauptrisalit ist beiden Geschossen eine Pilastergliederung vorgeblendet. Das Portal wird flankiert von vorgestellten toskanischen Säulen, die einen Balkon tragen. Im Obergeschoss wurden ionische Säulen für die Pilaster gewählt. Medaillons mit Porträtbüsten schmücken die Zwickel zwischen den Fenstern. Der Altenburger Hofbildhauer Emil Hesse schuf 1873 diese Bildnisse von berühmten Bildhauern, Malern und Architekten aus Antike, Renaissance und Gegenwart. Zu sehen sind u.a. Raffael, Phidias, Bramante, Michelangelo und Semper.

Der Baubeginn erfolgte im Frühjahr 1873. Kostensteigerungen gab es kaum und Ende 1875 war der Bau so weit fertiggestellt, dass in der ersten Jahreshälfte 1876 die Einrichtung der Sammlungsräume und am 11. Juli die festliche Eröffnung im Beisein der herzoglichen Familie erfolgen konnte. Über 350.000 Mark hatte der Staat investiert. Der Neo-Renaissance-Bau, welcher heute zu den bedeutendsten Denkmälern des Landes gehört, wartet auf eine sorgsame, den Intentionen Lindenaus und seiner Erbauer Rechnung tragende Sanierung.

Sabine Hofmann

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