Kunst ist Trumpf: Eine Woche am Lindenau-Museum Altenburg – Gastbeitrag von Vincent Rudolf

Nicht nur alphabetisch liegen die beiden Städte Aachen und Altenburg in der Pole-Position – sie verbindet kurioserweise auch der Maler Carlo Ludovico Castelli (1671–1738), der sowohl im Altenburger Schloss als auch dem Aachener Rathaus tätig war. Zudem schmückt ein großformatiger "Sächsischer Prinzenraub" des Malers Moritz von Beckrath (1838–1896) die Wände des Suermondt-Ludwig-Museums. Ausgangspunkt für den aktuellen Austausch war aber die Ausstellung der Sammlung Felix und Herlinde Peltzer-Stiftung in Aachen, anlässlich deren feierlichen Inauguration die Idee aufkam, den Kontakt zwischen den Häusern auch über dieses Projekt hinaus zu erhalten und zu fördern. So hatte ich das große Vergnügen und Privileg, einen Gegenbesuch antreten zu dürfen – und zwar erfreulicherweise zu einem Zeitpunkt, zu dem viele alte Bekannte aus der als Dauerleihgabe übereigneten und nun bedeutend erweiterten Sammlung Peltzer im Prinzenpalais des Residenzschlosses Altenburg Quartier bezogen haben.

Vincent Rudolf und Karoline Schmidt tauschen sich über die grafische Sammlung des Lindenau-Museums Altenburg aus, Foto: Lindenau-Museum Altenburg/Tessina-Larissa Schramm

Zwar führen nicht alle Wege nach Altenburg, doch die Bahn hatte gnädigerweise ein Einsehen und gestaltete die Anreise nicht als via dolorosa aus. Unter diesen Auspizien konnte die angedachte Woche nur glücklich beginnen, zumal bereits beim Umstieg in Leipzig erster Kunstgenuss geboten war. Mit einem minutiösen Terminplan gewappnet, widmete sich der Montag gänzlich dem Künstler Gerhard Altenbourg (1926–1989), der sein ehemaliges Elternhaus in ein außergewöhnliches Refugium verwandelte. Derzeit noch nicht zu besichtigen, soll es als Teil der Stiftung Gerhard Altenbourg künftig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, ohne den Zauber von bemalten Wänden und handgeschmiedeten Schlüsseln zu vertreiben. Vom Auratischen ins Digitale wechselnd, bot sich an diesem Tag zudem die Möglichkeit, mehr über das wissenschaftliche Digitalmanagement am Lindenau-Museum und dessen Zusammenarbeit mit der ThULB Jena zu erfahren.

Der zweite Tag führte in die Ausstellung "Kirchner, Pechstein, Werefkin – Meisterwerke aus der Sammlung Peltzer", die derzeit im Prinzenpalais gastiert. Mit dem Kurator, Herrn Dr. Rux, konnten neue Erkenntnisse über die Sammlung erörtert sowie ausgiebig über die Gestaltung gesprochen werden. Im Anschluss daran ging es in das sogenannte Teehaus – ein zwischen 1706 und 1712 nach Entwürfen Johann Heinrich Gengenbach (um 1645/50–1717) errichtetes Lusthaus, das in den letzten Jahren zur Veranstaltungsstätte ertüchtigt wurde. Einblicke in die allgemeine Verwaltungsstruktur sowie das laufende Planungsverfahren hinsichtlich der Neukonzeption des Lindenau-Museums gewährte die Museumsleitung in einem eigenen Termin. Es folgte ein Besuch in der Restaurierungswerkstatt, wo mir auch das sogenannte Altenburger Praxisjahr für Kunstgut- und Denkmalrestaurierung, welches studienvorbereitend praktische Einblicke in unterschiedliche Bereiche gewährt und sehr gut angenommen wird, vorgestellt wurde. Am Abend konnte im Rahmen des Besuches durch den Thüringer Tourismusverband die Vision für die Neupositionierung des Hauses vertieft und zum Abschluss der Alte Friedhof mit dem Grab des Gründers besucht werden.

Der Folgetag begann mit einer Vorstellung der derzeitigen Überlegungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Eingangsbereiches des Museumsgebäudes, bevor diese nach einer internen Dienstberatung mit der Präsentation der Räumlichkeiten der Antikensammlungen sowie über den Museumsgründer Bernhard August von Lindenau (1779–1854) fortgeführt wurden. Interessanterweise soll hier mit Graphic Novels zur Visualisierung der Biografie Lindenaus gearbeitet werden. Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen der Bibliothek und des Archives, in dem auch die Veranstaltungspapeterie akribisch gesammelt wird und so Aufschluss über sich wandelnde Vorlieben und Gestaltungen bietet.

Den Donnerstag bestimmte die bedeutende grafische Sammlung, unter der hauptsächlich der Bestand an Mappenwerken eine prominente Rolle einnimmt. Diese werden derzeit mit der Bundesförderung Lindenau21PLUS digitalisiert, wozu die daran arbeitenden Museologinnen und Museologen wichtige Stichworte lieferten. Eine Entdeckung waren dabei die Arbeiten von Conrad Felixmüller (1897–1977). Am frühen Abend ging es dann nach Langenleuba-Niederhain, wo durch Betreuung eines Fördervereins das bau- wie kunsthistorisch äußerst bedeutende "Halbe Schloss" gesichert und erforscht wird.

Mit dem Freitag näherte sich bereits der letzte Tag, welcher der Vermittlung verschrieben war. Ausführlich wurde mir die Genese des studios im Lindenau-Museum und dessen Vielfalt nähergebracht. Besonders beeindruckend ist das breitgefächerte Angebot in Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstlern, das von Keramik bis hin zu 3D-Druck sowie Podcast-Beiträgen reicht und auf eine bereits vom Gründer begonnene Tradition zurückblicken kann. Der Nachmittag schließlich war dem Altenburger Schloss zugeeignet, das als ehemalige Residenz mit einer vielschichtigen Baustruktur und außergewöhnlichen Exponaten beredtes Zeugnis von der wechselvollen Vergangenheit ablegt. Lindenau-Museum und Residenzschloss werden künftig noch enger verbunden sein als in der bisherigen Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Altenburger Museen. Ein selbst angehängter Tag schuf die Möglichkeit, Glauchau, Waldenburg und Wolkenburg inmitten gelb ausgebreiteter Rapsfelder zu erkunden, um dann schließlich in die turbulenten Ausläufer eines abgesagten Warnstreikes hinein die Heimreise anzutreten.

Blick auf das Residenzschloss Altenburg, Foto: Vincent Rudolf

Allen Beteiligten gilt an dieser Stelle mein herzliches Dankeschön! Das Team des Suermondt-Ludwig-Museums freut sich schon auf den weiteren fachlichen Austausch sowie den Gegenbesuch von Frau Stadie, wissenschaftliche Volontärin am Lindenau-Museum Altenburg.

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