"Liebe in Zeiten des Hasses" – Familie und Freunde im Werk des Künstlers Conrad Felixmüller (Part III/III)
Conrad Felixmüller beschrieb einen kalten Herbsttag im Jahr 1917, an dem die sogenannten Kunstfreunde in sein Atelier kamen, sich Bilder und Blätter zeigen ließen und kauften. Dazu notierte er, dass nicht immer nur bar bezahlt wurde, sondern auch die Erzeugnisse der Kunstfreunde willkommen waren. Man tauschte Kleidung, Schmuck und Stiefel, Möbel oder Esswaren sowie Kunst gegen Kunst.
Über seine Sammeltätigkeit sagte Heinrich Kirchhoff (1874-1934) selbst: „Ich weiß genau, was Kunst und was Scheißdreck ist“. Seine moderne Kunstsammlung entstand zwischen 1914 und 1934 und gehörte zu den größten ihrer Art in Deutschland. Er sammelte nicht nur Kunst, sondern unterstützte viele Künstler tatkräftig. Den Malern Conrad Felixmüller und Walter Jacob stellte er nötigen Wohnraum in Wiesbaden und kaufte ihnen zahlreiche Arbeiten ab. Seine Sammlung beinhaltete Arbeiten der Künstler des Blauen Reiter wie Alexej Jawlensky (1864-1941) oder Franz Marc (1880-1916), Werke der Künstler der Brücke wie Erich Heckel (1883-1970), Otto Mueller (1874-1930) und Emil Nolde (1867-1956) sowie zahlreiche Arbeiten von Expressionisten wie Oskar Kokoschka (1886-1980), Christian Rohlfs (1849-1938), Walter Jacob (1893-1964), Conrad Felixmüller, George Grosz (1893-1959) und Max Beckmann (1884-1950). Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 galten die Werke seiner Sammlung als „Entartete Kunst“ und wurden aus dem Museum Wiesbaden, in dem sie zuvor ausgestellt worden waren, entfernt. Nach Kirchhoffs Tod wurde die Sammlung aufgelöst und verkauft.
Private und öffentliche Förderinnen und Förderer sind für Künstlerinnen und Künstler immer ein wichtiges Standbein gewesen. Freundinnen und Freunde, Sammlerinnen und Sammler sowie Museumsmenschen waren beliebte Motive, um Dankbarkeit für mentale oder finanzielle Unterstützung zum Ausdruck zu bringen und für die Ewigkeit im Bilde festzuhalten.
Die Grafik "Der Mäcen (Heinrich Kirchhoff zur Erinnerung)" entstand ebenfalls für die Mappe "Das Malerleben" aus dem Jahr 1927. Felixmüller zeigt sich selbst seine Kunst anbietend, den Besucher Kirchhoff im schwarzen Anzug mit Hut und mit einer Zigarre in der linken Hand.
Während die meisten Künstlerinnen und Künstler gegenwärtig von Galerien vertreten werden und das Atelier ein kaum sichtbarer Ort geworden ist, war es im beginnenden 20. Jahrhundert ein Treffpunkt des Austausches. Bis Felixmüller den Großen Preis für Malerei bei der Jubiläumsausstellung des Sächsischen Kunstvereins in Dresden für sein Bild "Liebespaar von Dresden" bekommt, welcher ihm zahlreiche Porträtaufträge und ein steigendes Ansehen einbringt, dauerte es noch ein Jahr. Die Mappe "Das Malerleben", die 16 Lithographien beinhaltet, entstand im Folgenden für niemand Geringeren als den bekannten deutschen Dramatiker und Autor Carl Sternheim (1878-1942). Bald darauf porträtierte Felixmüller dessen dritte Ehefrau – Pamela Wedekind (1906-1986). Das gleichnamige Gemälde "Pamela Wedekind" ist eines der Herzstücke der Sammlung des Lindenau-Museums und wird einen besonderen Platz in der Neupräsentation der Institution bekommen.
Ein weiterer wichtiger Unterstützer, Förderer und Freund von Conrad Felixmüller war der Kunsthistoriker und Museumsleiter Hanns-Conon von der Gabelentz (1892-1977), den er auch gern porträtierte. Eine Grafik zeigte von der Gabelentz im Profil mit einem Buch von Frans Masereels "Die Sonne" als belesenen kunstinteressierten Menschen. Im Hintergrund sind eine reich verzierte Fayence und eine Schale dargestellt, womit der Künstler auf die Sammeltätigkeit des Freundes anspielt.
Für Hanns-Conon von der Gabelentz fertigte Felixmüller sehr persönliche Grafiken an, wie z. B. die "Letzte Stunde" – ein Blatt, das den Komponisten Clemens Braun (1862–1933) auf dem Sterbebett zeigt. Aber auch freudige Ereignisse wie die Geburt des eigenen Kindes hielt er im Bilde fest und signierte es für von der Gabelentz. Seinen Eltern widmete Felixmüller – erst sehr spät in den 1960er Jahren – Holzschnitte aus der Erinnerung. Der Katalog mit dem Titel "Aus der Erinnerung" wurde jedoch nie publiziert. Sein wichtigstes und liebstes Motiv blieb bis zu seinem Lebensende seine Frau Londa (1896-1979).
Felixmüller war der Überzeugung, dass man schon sehr unglücklich veranlagt sein müsse, wenn man mit sich und der Welt hadere und sein Glück nicht aus dem eigenen Umfeld ziehen könne:
„Die herrliche Erscheinung lebensfroher Kinder enthusiasmiert das Malerherz in trüben wie in frohen Tagen […] und jede Situation ist recht. Ist´s nicht die vielgeliebte Frau – sind´s die Kinder. So richtig himmlische Rosen im irdischen Leben.“
(Part III/III)
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