Wulf Kirsten
das große randseil


welliges land mit kerbschnitten
vor aller augen wie nicht gewesen,
und doch: eben jetzt neu geschaffen,
wenn du glaubst, was du siehst,
bist du berufen, die einmalige ferne
abgängig, gebuckeltes gebilde,
eingemuldet, kulturfähig gemacht
und freiweg aus der luft gegriffen,
die verwerfungen im relief beziffert,
bezeichnet, chiffriert, nun lies
und sieh, wie sich die grundschrift
verformte unter der lichtwolke,
jede klinge ausgegrünt maiwüchsig
pfingstlich, als ob dies noch immer
in der natur der sache liegt, langhin
deutungslinien über die verkleinerte welt
gezogen, die sich in dunstschleiern
verliert, kirchtürme von der sonne
ins meißnische Land gestaucht,
erinnerungspunkte, überelbisch gesetzt,
die mir nachhelfen wollen,
hinaufzukommen und hinweg
über das große randseil, wenn ich
nur wüßte, wer das flußband so benannt
hat vorzeiten, ein schmutziges wasser,
wie es sich ausgießt, als wäre es gleißendes licht,
das die strömung fortzieht und trägt.

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