Gerhard Altenbourg

Gerhard Altenbourg ist einer der wichtigsten deutschen Künstler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine grafischen Meisterwerke befinden sich in vielen bedeutenden Museen der Welt (wie beispielsweise im Museum of Modern Art in New York oder in der Albertina in Wien) und werden immer wieder neu in Sonderausstellungen gezeigt. Neben den Sammlungen der Kupferstichkabinette der Staatlichen Museen zu Berlin und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden verwahren jedoch die größte Sammlung an Werken des eigenwilligen Thüringer Künstlers das Lindenau-Museum Altenburg und die Stiftung Gerhard Altenbourg, die den Nachlass betreut.

Biografie

1926 Geboren am 22. November in Rödichen-Schnepfenthal (heute Ortsteil von Waltershausen) bei Gotha als Gerhard Ströch, Sohn des Baptistenpredigers Hugo Ströch (Posen 1886–1941 Altenburg) und Anna Friederike Ströch, geb. Heller (Näherstille/Thüringen 1896–1963 Altenburg). Wächst mit zwei Brüdern und einer Schwester auf: Johannes/"Hans" (1921–2005), Werner (1924–1944) und Anneliese (1928–2013).

1929 Übersiedlung der Familie nach Altenburg; Anfang der 1930er Jahre Bau des Hauses im Braugartenweg 11.

1944/45 Mit 17 Jahren als Soldat eingezogen, neunmonatiger Kriegsdienst als Panzerjäger und Infanterist. Der Bruder Werner fällt 1944 in Finnland. Lazarettaufenthalte in Schreiberhau (Szklarska Poreba) im Riesengebirge und in Bamberg; im April 1945 bei der Rückkehr nach Altenburg Entlassung aus dem Kriegsdienst.

1945–1948 Schriftstellerisch und journalistisch tätig, unter verschiedenen Pseudonymen mehrere Prosatexte: Sturm, Im Feuerofen, Georg Trakl, Vincent van Gogh u. a.; Kunstunterricht bei dem Altenburger Künstler Erich Dietz (1903–1990), der Altenbourg zu intensivem Naturstudium anregt; neben einigen Ölbildern entstehen vorwiegend Zeichnungen, Aquarelle und Pastelle.

1948–1950 Studium an der Hochschule für Baukunst und bildende Künste in Weimar bei Hanns Hoffmann-Lederer (1899–1970); 1949 erste Lithografien in Zusammenarbeit mit den Druckern Arno Fehringer (1907–1974) und Horst Arloth (1925–2018); 1950 vorzeitige Exmatrikulation wegen „dauernder unentschuldigter Unterbrechung des planmäßigen Studiums“ und seiner politischen Einschätzung als „gesellschaftlich ungenügend, völlig indifferent“; Beginn der Freundschaft mit Fritz Henning (1888–1958) und Thea Henning (1898–1976).

1949–1952 Druck von 55 Lithografien; Zeichnungen zum Umkreis der großformatigen Ecce-Homo-Blätter; 1951 in Begleitung von Erich Dietz Besuch bei dem Berliner Galeristen Rudolf Springer (1909–2009), der sein Kunsthändler wird und 1952 die erste Ausstellung zusammen mit Georg Gresko (1920–1962) und Arnulf Rainer (geb. 1929) ausrichtet.

1955/1956 Nimmt den Künstlernamen »Altenbourg« an; das Lindenau-Museum in Altenburg erwirbt erste Werke; 1956 erste Einzelausstellung in der Galerie Springer in Berlin (West).

1957 Das Lindenau-Museum Altenburg widmet dem Künstler die erste Museumsausstellung; Altenbourg gestaltet das handgeschriebene Künstlerbuch „Dulce et decorum“ für Rudolf Springer; plastischen Arbeiten in Marmor, Gips und Metall; Beginn der Umgestaltung des Wohnhauses zu einem Gesamtkunstwerk.

1959 Teilnahme an der documenta II in Kassel mit dem Künstlerbuch „Zehn Reproduktionen und zwei Originalzeichnungen“, herausgegeben 1958 von der Galerie Springer; erste Holzschnitte als Handdrucke.

1961 Gastatelier an der Akademie der Künste in Berlin (West); das Museum of Modern Art in New York kauft die farbige Zeichnung „Gartenkolonie hinter der Spinnbahn Ende Februar“ aus dem Jahr 1956.

1963 Tod der Mutter; Teilnahme an der Ausstellung "Schrift und Bild" im Stedelijk Museum Amsterdam und in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden.

1964 Verurteilung wegen Übertretung der Zollgesetze der DDR zu sechs Monaten Gefängnis, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung; erste Ausstellung in der Galerie Brusberg in Hannover.

1965 Beginn der Umgestaltungsarbeiten des Gartens am Braugartenweg gemeinsam mit den Freunden Christa und Frank Grimm.

1966 Burda-Preis für Grafik, München; ab den 1960er-Jahren Teilnahme an zahlreichen Ausstellungen in Westdeutschland.

1967 Preis der II. Internationale der Zeichnung, Darmstadt; Beginn der lebenslangen Zusammenarbeit mit der Galerie Brusberg in Hannover (später Berlin); Ausstellung in Lothar Langs Kunstkabinett am Institut für Lehrerweiterbildung Berlin (Ost).

1968 Erster Preisträger des Will-Grohmann-Preises, gestiftet von der Akademie der Künste in Berlin (West); weitere intensive Beschäftigung mit der Gestaltung von Garten und Haus in Altenburg; Metallskulpturen entstehen, später auch Schmuckstücke.

1969 Erste große Werkschau zusammengestellt von Dieter Brusberg (1935–2015), Hannover, die zunächst in Berlin im Haus am Waldsee, später in Baden-Baden, Hannover und Düsseldorf zu sehen ist; zur Ausstellung erscheint ein Werkverzeichnis für die Originale der Jahre 1947 bis 1969 im Verlag der Galerie Brusberg.

1970 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin (West), und des Instituts für moderne Kunst, Nürnberg.

1971 "Ich-Gestein" erscheint im Propyläen-Verlag mit großen Farbtafeln, Texten von Altenbourg und Erhart Kästner, Vorzugsausgaben mit Lithographien und Holzschnitten.

1974/1975 Schwere Augenerkrankung mit Netzhautablösung; Operation.

1976 Die Ausstellung "Gerhard Altenbourg. Holzschnitte" im Museum Schloss Hinterglauchau – von Altenbourg selbst zusammengestellt und gestaltet – endet mit der Entlassung des Museumsdirektors Günter Ullmann (geb. 1946).

1977 Teilnahme an der documenta 6 in Kassel.

1979 Ausstellung im Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

1981/1982 Beteiligung an der Ausstellung "Peinture et gravure en République Démocratique Allemande", Musée d’art moderne de la Ville de Paris; Ausstellung in der Galerie Oben und der Galerie Clara Mosch in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz); erste Radierungen auf Anregung und mit Unterstützung von Thomas Ranft (geb. 1945).

1982–1984 Teilnahme an der Wanderausstellung "Zeitvergleich – Malerei und Grafik aus der DDR" in Hamburg, Stuttgart, Düsseldorf, München, Nürnberg, Hannover.

1984–1986 Das Künstlerbuch „Wund-Denkmale“, in einer Kassette mit Texten, 28 Holzschnitten und je einer Originalarbeit, erscheint in zwei Ausgaben zu je 50 Exemplaren in Berlin (Edition Brusberg, 1984) und Leipzig (Reclam Verlag, 1986).

1986 Zu Altenbourgs 60. Geburtstag Ausstellungen in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, dem Museum der bildenden Künste Leipzig, der Nationalgalerie der Staatlichen Museen, Berlin (Ost), und im Museum Schloss Burgk.

1987–1988 Umfangreiche Ausstellungen in Bremen, Tübingen, Hannover und Berlin (West).

1989 Die „Schnepfenthaler Suite“ (1984–1988, 100 Kaltnadelradierungen) und „Aus dem Hügelgau“ (1988, 10 Kaltnadelradierungen) erscheinen in der Edition Brusberg, Berlin (West).

1989 Gerhard Altenbourg stirbt am 30. Dezember 1989 an den Folgen eines Autounfalls bei Meißen.

2002 Gründung der Stiftung Gerhard Altenbourg mit Sitz im ehemaligen Wohnhaus des Künstlers in Altenburg