Die faule Ente


Eine faule Ente bringt der Fluß.
Die übrigen Enten sind strebsam, paddeln mit den Füßen, um nur die Ferdinand-
inseln zu erreichen, auf ihnen haben sie ihren Platz, ihr Zuhause. Sie paddeln und halten
Ausschau nach Nahrung. Manchmal, nur dann und wann, fängt eine strebsame Ente ein Fischlein.
Das Fischlein ist äußerst schmackhaft. Manchmal, und dies geschieht häufiger,
kommt etwas vom Ufer geflogen: ein Stück Brot, ein Stück Kipfel, eine Zigarettenkippe.
Gut ist das Brot, gut ist das Gebäck. Aber mit den Füßen nach der Zigarettenkippe zu
paddeln war zwecklos.
Die faule Ente paddelte nicht mit den Füßen. Sie gleitet über das Wehr, treibt unter
den Brücken hindurch, sieht Türme, Gärten, Parks, Wälder und Felder, und wieder Türme,
Gärten und Parks, gleitet über das Wehr, treibt unter der Brücke hindurch.
Und die faule Ente schaut.
Große Schiffe machen große Wellen, und diese Wellen schaukeln die faule Ente.
Manchmal, dann und wann, erwischt die faule Ente ein Fischlein. Das Fischlein ist äußerst
schmackhaft. Manchmal, und dies geschieht häufiger, bringen die Wellen der faulen Ente
ein Stück Brot oder ein Stück Kipfel, eine Zigarettenkippe. Gut ist das Brot, gut der Kipfel.
Und pfui - noch immer habe ich nicht mit den Füßen gepaddelt, freut sich die faule Ente.
Die Sonne rötet sich und sinkt ... und versinkt. Die faule Ente schließt die Augen,
schaukelt auf und ab und schläft ein. Sie schläft und hat also nicht gesehen, wie sich
der Brückenbogen über sie geschoben hat. Morgen wird die faule Ente wieder schauen.
Schauen wird sie auch übermorgen. Das Ende ihres Weges ist in weiter Ferne.

Der erstarrte Kleiderständer

Einmal, zu früher Morgenstunde, begegnete der Fuchs auf freiem Felde einem Kleider-
ständer. Vogelscheuche, fragte er, hast du hier nicht eine Kette Rebhühner vorbeifliegen
gesehen? Blöder Muffel, ärgerte sich der Kleiderständer, ich bin ein Gestell, und nicht etwa
irgendeins - mir vertrauen die Menschen ihre Röcke, Hüte, Mützen, Säbel und Stöcke an
- Und wo hast du sie, deine Röcke, Hüte und Mützen?
- Die Soiree ist schon zu Ende, sagte der Kleiderständer.
- Also ein Gestell! feixte der Fuchs. Und dir vertrauen die Menschen ihre Stöcke an?
Und warum treibst du dich hier auf dem Feld herum? Oh, wie gern hätte ich jetzt einen
Stock oder wenigstens einen Säbel, damit du dir merkst, wie ein Fuchs aussieht.
Der Kleiderständer wußte nicht, was er antworten sollte, der Fuchs wartete noch
eine Weile, aber als der andere nichts sagte, lief er weg.
War doch eine Vogelscheuche, auch wenn sie keinen Rock und keinen Hut anhatte,
dachte er sich später - das war schon zu Hause im Wald -, aber die habe ich erschreckt, was?

Moral:
Wenn du schon sprichst mit dem du sprichst, wird der nur das verstehen was er versteht.
Und überhaupt: wenn die Soiree zu Ende ist, erstarre nicht, sondern geh schlafen.


L'ch


L'ch, der Geist des Wasserspiegels, ist ein Klotz, er liegt am Meeresufer und schlummert.
Er schlummert und verschläft so tausend Sommer. Wenn er die Augen öffnet, sieht er
eine Seerobbe. Er wird eine Seerobbe. L'ch ist eine Seerobbe, liegt am Meeresufer und
schlummert. Er verschläft so tausend Sommer. Wenn er die Augen öffnet, sieht er einen
Kloben Holz. L'ch ist ein Kloben Holz, ein angeschwemmter Baumstamm, schlummert,
schlummert, am Meeresufer verschläft er tausend Sommer. Wenn er die Augen öffnet,
sieht er ein Boot. L'ch ist ein Boot, liegt am Meeresufer und schlummert. Er verschläft
tausend Sommer.Er verschläft tausend Sommer. Wenn er die Augen öffnet, sieht
er ein Entenei.L'ch ist ein Entenei, liegt am Meeresufer und schlummert. Er verschläft
tausend Sommer. Wenn er die Augen öffnet, erblickt er eine schwimmende Frau.
L'ch verwandeltsich in die schwimmende Frau und ihm springt das Herz.
Das ist das Ende eines großen Zauberers.

Ssss


Ssss, der Geist des trügerischen Glanzes, setzte sich in die Wirtshausecke, dort, wo der
Kleiderständer steht, dort sitzt Ssss und schlummert ein, er sitzt und schläft. Er schläft
ganze tausend Jahre, vielleicht noch ein Weilchen länger, und wenn er aufwacht, schlägt
er die Mäntel zurück und schaut hervor. Und sieh an, das sind gar keine Mäntel, die er
zurückgeschlagen hat, sondern junge Bäume, und er sitzt nicht in der Ecke, sondern unter
einem Baum. Wind erhebt sich, die Zweige rascheln, Eicheln fallen zu Boden. Oh, das
ist ein großer Baum! Es riecht die Rinde, die nasse Rinde, das nasse Gras, das durchnäßte
Laub. Als hätte es aufgehört zu regnen. Jetzt scheint die Sonne, und dort - dort im
Dickicht, das sich bewegt hat - ist etwas Gelbes. Wohl irgendein Tier, sagte sich Ssss. Und
schlief wieder ein.


Mm-m und M-mm


Mm-m und M-mm, Brüder, die bierbäuchigen Geister des grünen Zwielichts, sitzen, sitzen,
lehnen mit den Rücken aneinander und schnarchen. Mm-m wacht plötzlich auf und - er
traut seinen Augen nicht - springt auf und schaut sich um. Was sieht er? Das, was er
jedesmal sieht, wenn er aufwacht: die Erde wogt, die Bäume wanken, fallen um und an
ihrer Stelle wachsen neue.
Als Mm-m aufspringt, fällt M-mm auf die Seite und wacht ebenfalls auf. Was ist?
Was ist los?
Wo ist das Wägelchen? will Mm-m wissen.
Das Wägelchen? wundert sich M-mm. Ach, deine Steinchen, erinnere dich. Weißt
du nicht mehr. Irgendwann, vor langer, sehr langer Zeit, als du noch klein warst, hast du
alle deine Spielsachen im Wald herumgeworfen und sie verloren.
Auch das Wägelchen?
Papa war damals sehr böse, sagt M-mm. Und da schaut er in einen kleinen Hohl-
weg zu seinen Füßen und zeigt auf ihn. Den Hohlweg heraufgefahren kommt ein Fuhrwerk,
von vier Ochsen gezogen.
Mein Wägelchen! ruft Mm-m. Er streckt die Hand aus, aber das Fuhrwerk ist schon
weg, der Hohlweg ist schon weg und die Straße irgendwoanders, dort bei den blauen
Bergen. Mm-m schlägt die Hände vors Gesicht und bricht in Tränen aus. Er schluchzt und
schluchzt und fällt dabei auf die weiche Erde und verwächst mit dem Moos und dem Gras.


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