Der Museumsgründer Bernhard August von Lindenau (1779–1854)

Der sächsisch-thüringische Staatsmann, Gelehrte und Kunstsammler Bernhard August von Lindenau gehört zu den herausragenden deutschen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Er war, ganz in Übereinstimmung mit seinen Zeitgenossen Wilhelm und Alexander von Humboldt, ein Universalist, Kosmopolit und Philanthrop, der sich von der Verantwortung gegenüber seiner Generation leiten ließ. Seine Neigung zu den Naturwissenschaften führte ihn während seiner Zeit im Staatsdienst des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg in die Sternwarte auf dem Seeberg bei Gotha, die Anfang des 19. Jahrhunderts unter Franz Xaver von Zach ein europäisches Zentrum der Astronomie war. Lindenau war Zachs engster Mitarbeiter, später dessen Nachfolger und bester Freund. Auf dem Höhepunkt seiner politischen Laufbahn leitete er in Dresden als Vorsitzender des sächsischen Gesamtministeriums, im Rang eines heutigen Ministerpräsidenten, umfassende Staatsreformen ein. Darüber hinaus hatte er in Dresden die Oberaufsicht über die königlichen Kunst- und Wissenschaftssammlungen. Als privater Kunstsammler hatte Lindenau die großen Museumsgründungen seiner Zeit vor Augen, vor allem die des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt und des Neuen Museums in Berlin. Wie sie sollte auch das Kunstmuseum in Altenburg ein öffentlicher Ort der Wissenschaft und Bildung auf europäischem Niveau sein, der den neuen, industriegesellschaftlichen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen war. So entstanden auf der Schwelle zwischen Klassizismus und Moderne ein Museum und eine ihm angeschlossene Kunstschule für Handwerker, Techniker und Architekten, die die Nutzanwendung von Kunst zum Ziel hatten – noch im klassizistisch-aufklärerischen Sinne ästhetischer Erziehung des Menschengeschlechts und schon im Sinne industriegesellschaftlicher Pragmatik.

Biographie

1779 Am 11. Juni wurde Bernhard August von Lindenau als Sohn des Landschaftsdirektors Johann August von Lindenau und dessen Ehefrau Agnes, geborene Senft von Pilsach, auf dem Pohlhof in Altenburg geboren.

1793–1798 Jura-, Kameralistik- und Mathematikstudium an der Universität Leipzig.

1798–1801 Assessor, ab 1801 Kammerrat im Kammerkollegium in Altenburg.

1801 Der Astronom Franz Xaver von Zach berief Lindenau an die Sternwarte auf dem Seeberg bei Gotha. 1804 übernahm Lindenau die Leitung der Sternwarte.

1812 Reise nach Paris, Südfrankreich und Oberitalien.

1813–1814 Lindenau nahm als Generaladjutant des Großherzogs Karl August von Sachsen-Weimar am Befreiungskrieg teil.

1817–1827 Rückberufung an die Kammer in Altenburg. 1820 Ernennung zum Geheimrat und Minister durch Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg. Nach dem Tod des Herzogs übernahm Lindenau die Staatsverwaltung für dessen regierungsunfähigen Bruder Friedrich IV.

1827–1848 Landtagspräsident und Obersteuerrat des Herzogtums Sachsen-Altenburg. 1829 Berufung in den Geheimen Rat nach Dresden; Oberaufsicht unter anderem über die Kunst- und Wissenschaftssammlungen des Königreichs Sachsen. 1830 Ernennung zum leitenden Kabinettsminister, Entwurf einer Verfassung für Sachsen. 1831 Vorsitzender des sächsischen Gesamtministeriums, Einleitung einer umfassenden Staatsreform.

1843–1844 Reise nach Italien und Frankreich. Lindenau erwarb auf dieser Reise einen großen Teil seiner Kunstsammlungen.

1845–1848 Lindenau ließ auf dem Pohlhof in Altenburg nach Plänen des Leipziger Architekten Albert Geutebrück ein neues Gebäude zur öffentlichen Ausstellung seiner Kunstsammlungen errichten. 1848 Eröffnung des Museums und einer Kunst- und Gewerbeschule in dem neuen Gebäude.

1848–1854 Vom Mai bis zum September 1848 war Lindenau Alterspräsident der Frankfurter Nationalversammlung. 1850 Gründung einer Knabenarbeitsschule in Altenburg. Bis 1854 ständige Erweiterung und Komplettierung der Kunstsammlungen auf dem Pohlhof; Reisen nach Berlin, Süddeutschland, Wien, Den Haag und Paris.

1854 Bernhard August von Lindenau starb am 21. Mai auf dem Pohlhof. Seine Kunstsammlungen gingen testamentarisch in das Eigentum des Herzogtums Sachsen-Altenburg über.