2005

Marwan: Khaddousch oder das unbekannte Frühwerk. Aquarelle und Zeichnungen 1962–1971

"Marwan ist als Fremder aus dem fernen Syrien mit dem Traum nach Europa gereist, in Paris zum Maler zu werden ... 1957 kam er über München in das noch immer kriegszerstörte Berlin. Und hier hat er ... ‚sein künstlerisches Damaskus gefunden’ (Eberhard Roters 1967). Marwan gehört seither bruchlos zur Berliner Szene. Hier studierte er bei Hann Trier, hier hatte er auch seine ersten Ausstellungen und fand relativ früh Beachtung durch die Nationalgalerie, von hier ging seine Kunst weiter in die Welt." (Jörn Merkert)
In Kooperation mit der Berlinischen Galerie und dem Museum für Kunst und Kulturgeschichte Lübeck stellt das Lindenau-Museum das noch nie in diesem Umfang und in dieser Ausschließlichkeit gezeigte frühe zeichnerische Werk Marwans vor. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Das richtige Buch. Johannes Gachnang als Verleger

1939 in Zürich geboren, arbeitete Johannes Gachnang zwischen den Jahren 1958 bis 1967 bei verschiedenen Architekten in Zürich, Paris und Berlin – hier bei Hans Scharoun. Später war er als Künstler in Istanbul, Rom und Amsterdam tätig. 1974 wurde er Direktor der Kunsthalle Bern, die er bis 1982 leitete. Als Kurator war er maßgeblich an Ausstellungen wie "documenta 7" (Kassel 1982), "Rekonstruktion der Stadt" (IBA/Berlin 1984) oder "Bilderstreit" (Köln 1989) beteiligt. 1983 gründete Johannes Gachnang zusammen mit dem Berliner Kunsthändler Rudolf Springer (dem ersten Kunsthändler Gerhard Altenbourgs) den Verlag Gachnang & Springer mit Sitz in Bern. Seine ebenso schönen wie unkonventionellen Bücher nehmen Traditionen der Moderne auf und bilden zugleich philosophische Denkräume für die Kunst der Gegenwart.
Ausgerichtet vom Museum für Angewandte Kunst in Frankfurt am Main (dort vom 19. Mai bis 17. Juli), wird die Ausstellung in mehreren europäischen Metropolen und in Altenburg gezeigt werden.

PRO LINDENAU

Im vergangenen Herbst rief der Vorstand des Förderkreises "Freunde des Lindenau-Museums" e.V. Freunde und Förderer dieses renommierten Hauses zu einer außergewöhnlichen Aktion auf. Man wollte versuchen, den immer geringer werdenden Ankaufsetat des Museums zu erweitern, indem im Rahmen eines Benifizabends die Gäste gebeten werden sollten, den Ankauf von Kunstwerken zugunsten des Museums zu unterstützen. Der Erfolg dieses Abends übertraf alle Erwartungen. Viele Graphiken, Zeichnungen und Bücher im Wert von 18.000 Euro wurde von Einzelpersonen und Institutionen erworben und sind in den Bestand des Museums übergegangen. Aufmerksam gemacht durch diesen ungewöhnlichen Schritt, schenkten zudem einige der dem Museum besonders verbundenen Künstler dem Haus Arbeiten. Eine Ausstellung mit dem Titel der Aktion "PRO LINDENAU" wird vom 11. September bis zum 2. Oktober dieses Jahres all diese Kunstwerke präsentieren, darunter Lithographien von Gerhard Altenbourg, Zeichnungen von Georg Baselitz, Radierungen von Markus Raetz, Radierungen und Lithographien von Rolf Münzner, Holzschnitte von Stefan Knechtel, eine Mappe mit neun Arbeiten von Charlotte Berend-Corinth und Federzeichnungen von Hans Körnig. Auch in diesem Jahr will der Förderkreis "Freunde des Lindenau-Museums e.V." wieder zu einer Aktion zugunsten des Museums einladen. Die Initiatoren hoffen natürlich, dass sich wieder viele Altenburger Bürger für das Lindenau-Museum engagieren. Musikalisch begleitet wird der Abend in diesem Jahr durch Pascal von Wroblewsky.

IM KABINETT: Moritz Götze: Der Prinzenraub. Siebdrucke

Schon einmal hat Moritz Götze, geboren 1964, mit dem Lindenau-Museum Prinzenrauben gespielt, 1992. Damals waren eine großformatige Graphikmappe und ein Heftchen entstanden, Malereien und ein Kartenspiel, eine ebenso märchenhafte wie fröhlich-parodistische Installation und andernorts ein Comic zum Thema. Jetzt, zum 550. Jubiläum des auf dem Altenburger Schloss an den beiden wettinischen Prinzen Ernst und Albrecht verübten berühmten Kidnappings, präsentiert das Lindenau-Museum die farbschwelgerischen und mit bunten Ornamenten versetzten erzählfreudigen Siebdrucke aus der Mappe erneut.

Pol Cassel (1892–1945): Ein Dresdner Maler der klassischen Moderne

Von Dresden gingen zu Beginn des Jahrhunderts neue Impulse für die Kunst aus, und für kurze Zeit schien es, als könnte sich dort eine Dependance der internationalen Moderne etablieren. Die Aufbruchstimmung nach dem ersten Weltkrieg wurde von der nächsten Generation bestimmt; zu ihr gehörte Pol Cassel. Das Werk des Dresdner Malers und Graphikers entzog sich lange dem Überblick. Jetzt liegt die erste umfassende Publikation über den Künstler vor, und zum ersten Mal wird das Werk in einem Umfang präsentiert, dass der Betrachter sein Bild von der Qualität und der Vielgestaltigkeit der Dresdner Kunstszene präzisieren und um überraschende Aspekte bereichern kann. Die Ausstellung, vom Stadtmuseum Pirna ausgerichtet, wurde von Franz-Carl Diegelmann, Zürich, kuratiert, dessen Magisterarbeit über Pol Cassel die Grundlage auch für den Katalog bildete.

Wolfram Adalbert Scheffler

Der 1956 geborene Künstler stellt sich im Lindenau-Museum mit einer Werkschau vor: Neben einem Rückblick auf das Frühwerk legt die Ausstellung den Schwerpunkt auf im letzten Jahrzehnt entstandene Arbeiten. 1987 schrieb Eckhart Gillen über Scheffler: "Der Künstler als melancholischer Dandy auf der Suche nach Extravaganz ist die eleganteste, sublimste Form des Protestes (Elisabeth Lenk) gegen die Normalität des alltäglichen Zynismus." Das gilt heute noch, wenn auch in zurückgezogenerer, geheimerer Weise – was sich ausdrückt in der Zeichnung, der Malerei, den Künstlerbüchern, den Raumarbeiten. Die unerschiedlichen Mittel resultieren aus unterschiedlichen Erfahrungsebenen. Insbesondere die direkten und radikalen Zeichnungen spiegeln Schefflers existentialistische Haltung wider, in der Leben und Kunst einander durchdringen.
Zur Finissage der Ausstellung am 2. Juli erscheint ein die Ausstellung begleitender und dokumentierender Katalog.

Im Museo di San Marco, Florenz: Präsentation von 26 florentinischen Tafeln des 14. und 15. Jahrhunderts aus der Sammlung des Lindenau-Museums

Unter der Leitung von Professor Miklós Boskovits arbeiten seit Jahren junge italienische und deutsche Kunsthistoriker in Florenz an einem neuen Bestandsverzeichnis der Sammlung frühitalienischer Malerei im Lindenau-Museum. Ihre Forschungen werden unterstützt durch die Thyssen-Stiftung. Anlässlich der Präsentation des ersten Bandes (er erscheint beim Verlag Giunti, Florenz, zunächst nur in italienischer Sprache), in dem die 55 florentinischen Tafeln vorgestellt und durch wissenschaftliche Textbeiträge in die gegenwärtige internationale kunsthistorische Diskussion eingeführt werden, stellt das Lindenau-Museum in einer Ausstellung im Museo di San Marco in Florenz 26 Tafelbilder aus dem florentinischen Komplex vor. Für das folgende Jahr ist die Herausgabe des zweiten Bandes, der sienesischen Tafeln, vorgesehen und für 2007 die der umbrischen.
Während der Abwesenheit der 26 Tafelbilder haben die Besucher Gelegenheit, zum Thema italienische Malerei Einblick in die Kunstbibliothek Bernhard August von Lindenaus zu nehmen.

Matthias Hoch: Fotografie und Video

Fassaden, Parkdecks, funktionale Konstruktionen: Die Fotografien von Matthias Hoch entstehen an Orten zeitgenössischer Urbanität. In klaren Kompositionen zeigen seine Arbeiten die Werkstoffe der Moderne in ihrer spröden Sinnlichkeit. Oberflächengenau und präzise werden die Dinge ins Format gesetzt und wirken doch oft durch die Wahl von Maßstab und Perspektive irritierend uneindeutig und rätselhaft. Ausgehend von den sich rasant verändernden urbanen Landschaften im Osten Deutschlands erforscht der 1958 geborene Fotograf seit seinem Studium an der Leipziger Kunsthochschule die Formensprache der modernen Stadtentwicklung in Europa. Die gezeigten Ausschnitte scheinen unverortbar; sie dokumentieren Hochs kritische Analyse des uns umgebenden Raums und entfalten dabei eine bemerkenswerte skulpturale Qualität und Präsenz. (Aus dem Verlagsprospekt 2005 von Hatje-Cantz)
Der Katalog erscheint zur Finissage am 1. Mai 2005. Weitere Stationen der Ausstellung: Kunstverein Heilbronn, Goethe-Institut Rom und Ludwig Forum für Internationale Kunst Aachen.

Gerhard-Altenbourg-Preis 2004 Markus Raetz: NO W HERE

Im November 2004 wurde zum vierten Male der alle zwei Jahre vergebene Gerhard-Altenbourg-Preis verliehen. Zum Preisträger ernannte das Kuratorium den 1941 in Büren an der Aare, Schweiz, geborenen Markus Raetz. Die Ausstellung wurde von dem Schweizer Künstler, Publizisten und Verleger Johannes Gachnang und von Jutta Penndorf, Direktorin des Lindenau-Museums, kuratiert. Mit dem mehrfachen documenta-Teilnehmer Raetz wurde einer der wichtigsten Künstler der Schweiz geehrt, dessen Werke in vielen nationalen und internationalen Ausstellungen zu sehen waren. Ihm geht es vor allem um Prozesse der Wahrnehmung, um die Vieldeutigkeit von Zeichen, um die Spannung zwischen Denken und Sehen – um die Vorführung des kreativen Aktes der Wahrnehmung selbst, in dem das Eindeutige mehrdeutig erscheint. Dieses bewußte Schauen kennzeichnet auch das Werk Gerhard Altenbourgs (1926–1989).